Zurück Inhalt Weiter

Livigno - Andermatt

15. Juni 2018
Egal ob wir nun 07:30 oder 07:45 Uhr zum Frühstück verabredet sind, ich habe auf jeden Fall genügend Zeit um noch ein wenig zu spazieren. Noch vor halb acht bin ich draussen und wen treffe ich da an? Dominique, der hinter dem Hotel die ersten Sonnenstrahlen geniesst. Ich bim fertig mit Rauchen, Dominique hat alles rund ums Hotel inspiziert und pünktlich mit dem Glockenschlag sind wir um 07:30 Uhr im Frühstücksraum und bedienen uns am Buffet. Kaffee aus dem Automaten, Orangensaft Marke Chemie-Pur, Nutella findet Dominique auch keines aber sonst ist am Angebot nichts zu meckern. Das Brot ist frisch, Fleisch, Käse und Butter sind ebenfalls vorhanden und OK. Gemütlich verspeisen wir unsere Mahlzeit. Andere Hotelgäste sind keine anwesend. Erstens ist es für viele Feriengäste noch zu früh und zweitens hat es nicht sehr viele Gäste im Hotel.
Wir haben ausgecheckt, das Gepäck verstaut und sitzen wieder auf unseren Maschinen. Langsam fahren wir zur Hauptstrasse, geben kurz Gas um bereits nach dem nächsten Kreisel wieder zu halten. Die Motorräder müssen aufgetankt werden. Wir kennen dies fast nicht mehr, aber die Tankstelle ist tatsächlich noch bedient. Der Tankwart will beim Tanken helfen, merkt aber bald, dass wir dies ganz gut selber können und eilt lieber zu einem Automobilisten. Das Benzin bezahlen wir anschliessend Cash beim Tankwart (plus einen kleinen Obolus für den Service). Nun endlich können wir richtig losfahren. Der nächste Pass wartet bereits auf uns. Wir reihen uns in den Verkehr ein und beschleunigen bis zur Tempolimit. Gute 300 Meter fahren wir, so wie stets auf unserer Tour, Dominique hinter mir. Blinker rechts raus und bei der nächsten Tankstelle anhalten. Dominique erkundigt sich, was nun den sei. So viel Benzin verbraucht seine Kawasaki dann auch wieder nicht. Benzin ist nicht das Problem. Aber meine Honda, die quasi fabrikneu ist, verlangt nach nun rund 500 Kilometer etwas Öl für die Kette. Bisher hatten all meine Motorräder einen Mittelständer. Damit ist das Hinterrad frei und kann im Leerlauf gedreht werden. Nun aber kippe ich das Motorrad auf dem Ständer und dem Vorderrad stehend gegen mich und Dominique kann die Kette schmieren. Gleich verfahren wir anschliessend bei Dominiques Kawasaki.
Die Strasse in Richtung Alpe Vago und Forcola di Livigno ist nicht sehr breit. Vor mir fährt ein grüner Minilieferwagen langsam, ich meine wirklich langsam, den Berg hinauf. Er fährt aber nicht etwa schön rechts damit man ihn überholen kann. Knapp lässt er auf der linken Seite genügend Raum um zu überholen. Einen kurzen Moment warte ich noch ab, dann beschleunige ich und fahre an ihm vorbei. Als Dominique ebenfalls zum Überholen ansetzt, zieht er sein Auto noch mehr nach links. Dominique sieht, dass die linke Seite des Autos ziemlich verkratzt ist. Offensichtlich macht er dieses "Spielchen" des Öfteren. Nun, auch Dominique quetscht sich an dem Trottel vorbei. Innert rund 35 Minuten seit unserer Abfahrt bei der (zweiten) Tankstelle erreichen wir den Pass und damit die Grenze zwischen Italien und der Schweiz. Auf der linken Strassenseite ist ein Kiesplatz wo wir anhalten und die Motorräder parkieren können. Wir blicken zurück ins Tal von Livigno und machen einige Fotos. Beim Wegfahren habe ich kein Problem über dem Kiesplatz eine Kurve fahrend auf die Strasse zu gelangen. Dominique will ebenfalls wegfahren, hat die Kurve schon halb gefahren als ein Kastenwagen vor ihm auf den Kiesplatz fährt und den Weg blockiert. Motorräder haben in der Regel keinen Rückfahrgang. Und so dauert es eine kleine Weile bis Dominique, nun quer zwischen zwei parkierten Autos stehend, aus der Lücke rausmanövriertt hat. Der Grenzposten können wir ohne zu stoppen passieren, da hier kein Grenzwächter sichtbar ist. Die Strasse führt nun direkt zum nächsten Pass, dem Berninapass, den wir um halb zehn erreichen. Pause benötigen wir noch keine. Kurz anhalten und einige Erinnerungsfotos schiessen hat aber in unserem Zeitplan problemlos Platz.
Der nächste Pass auf unserer Route ist der Malojapass. Zuvor fahren wir durch St. Moritz. Mangels Platzangebot verzichten wir auf eine Shoppingtour sondern geniessen später die schöne Aussicht auf den Silvaplanersee und den Sihlsersee. Nun ist es nicht mehr weit bis zum Malojaplass. Links ist bereits das Hotel Maloja Kulm zu sehen. Noch einige Meter weiter - und schon sind wir mitten in den Serpentinen die vom Malojapass runter Richtung Chiavenna führen. Diesen Pass haben wir quasi übersehen. Vor uns ist eine kleine Autokolonne, angeführt von einem Kipplaster, der sich durch die engen Kurven kämpft. Entsprechend langsam bewegt sich die Kolonne vorwärts. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit hüpfen wir von Auto zu Auto bis wir endlich auch den Laster überholen können. Nun, mit freier Fahrt ist das Befahren dieser Kurven um einiges besser.
Wir haben schon fast wieder die Grenze erreicht. Kurz zuvor biegen wir ab um in Castasegna eine Pause zu machen. Wir haben noch viel Zeit. Die Strasse Richtung Splügen ist in San Giacomo Filippo gesperrt und wird nur zwischen 12:00 und 14:00 Uhr für den Verkehr frei gegeben. Bei "Pasticceria Cafe Negozio Salis di Ursula Fogliada Salis", so nennt sich das Cafe, verbringen wir eine halbe Stunde in der Gartenwirtschaft und geniessen im Halbschatten die Pause.
Wir kommen in San Giacomo Filippo etwa um 11.45 Uhr an. Bereits hat sich vor der Strassensperre eine Kolonne gebildet. Motorradfahrer dürfen allerdings bis ganz nach vorne fahren und da auf einem Kiesplatz parkieren. Wir sprechen mit anderen wartenden Biker. Die wussten zum Teil nichts von der Strassensperre bzw. der zeitlichen Öffnung der Strasse und stehen bereits seit zwei Stunden auf dem Parkplatz. Pünktlich um 12 Uhr wird die Strasse geöffnet. Allerdings zuerst für diejenigen, die talwärts fahren. Für uns bedeutet dies, noch einmal 10 Minuten Wartezeit. Endlich wird die Strasse auch für uns frei gegeben und nun donnern etwa 40 Motorräder den Berg hinauf. Einer der vordersten Fahrer ist vermutlich in dieser Gegend zu Hause. Als er links abbiegt, folgt ihm die ganze Meute. Ein Harley-Fahrer und wir haben aber den Wegweiser Richtung Splügen erblickt. In einer Dreiergruppe fahren wir nun hinauf bis zum Splügenpass. Obwohl der Harley-Fahrer führt, ist das Tempo für ihn eventuell ein bisschen zu hoch. Keine Kurve wo seine Harley nicht am Teer kratzt. Auf der Passhöhe halten wir wieder an. Noch ist nichts von den anderen Motorrädern zu sehen oder zu hören. Fotos sind geschossen und wir wollen bereits wieder weiterfahren als die "schnellsten" vier Töffs die Passhöhe ebenfalls erreichen und gleich weiterfahren. Wir sind nun wieder in der Schweiz und auf heimischem Boden. Eine Stunde später erreichen wir den nächsten Pass, den San Bernardino. Es ist 13.45 Uhr und Zeit um eine kleine Mahlzeit zu verspeisen. Kaffee und ein Schinkensandwich decken unserer Bedürfnisse vollkomen ab.
Bis Mesocco-Süd befahren wir die alte Passstrasse. Nun aber wechseln wir auf die A13. An einigen Stellen ist die Strasse mehrspurig und wir können überholen. Wir bleiben auf der Autobahn und fahren nun auf der A2. Dominique hat auf der Karte noch eine spanndende Strecke in der Nähe von Quinto entdeckt, die wir unbedingt befahren wollen. In Quinto verlassen wir die Autobahn und gönnen uns eine weitere Pause im Garten eines kleinen Restaurants.
Unsere Route führt uns nun steil hinauf in Richtung Deggio. Beide sind wir froh, dass es keinen Gegenverkehr hat. Kreuzen ist fast unmöglich. Nur an wenigen Stellen ist etwas Raum in den Felsen geschlagen worden um eine kleine Ausweichstelle zu schaffen. So steil wie die Strasse nach Deggio und Altanca hinauf führt, so steil und noch ein bisschen schlimmer geht es nun wieder talwärts. Danke Dominique, der Abstecher hat sich gelohnt. Die Strasse zu befahren ist sehr spannend und die Aussicht runter ins Tal ist jeden Schweisstropen wert, den man in den engen Kurven rausgeschwitzt hat.
Wir wollen nun die alte Tremolastrasse bis zum Gotthard Hospiz befahren. In Airolo finde ich den Beginn der Strasse ohne Probleme. Leider fehlt bei Motto Bartola-Stüei ein Wegweiser, der in Richtung Tremola zeigt. Dummerweise nehme ich die Auffahrt zur neuen Strasse die auf den Gotthard führt. Bald schon fahren wir durch einen Tunnel und ein Wenden ist nicht mehr möglich. Oben auf dem Gotthardpass angekommen, erkläre ich Dominique wie es zu dem Irrtum gekommen ist. Ein starker, kalter Wind bläst auf dem Gotthard. Das kalte Wasser lädt nicht ein zum Baden im See und der kalte Wind animiert nicht zum Sonnenbaden. Wir nehmen das letzte Stück Strasse unserer heutigen Tagesetappe unter die Räder und fahren nach Andermatt, wo wir im Hotel Aurora Zimmer reserviert haben.
Parkplätze hat es genügend beim Hotel. Wir stellen unsere Maschinen abseits der Strasse ans Ende des seitlichen Parkplatzes. Meinen Rucksack habe ich mittels zwei Gummizügen auf den Soziussattel gebunden. Schnell sind die Strippen gelöst und ich ziehe den Rucksack an. Die zwei Gummizüge versorge ich im "Tankkofferraum". Da wo andere Bikes ihren Benzintank haben ist bei der Honda ein praktischer Verstauraum. Sogar der Helm würde hier Platz finden. Ich jedoch habe meine zweiten Handschuhe verstaut, den Fotoapparat, die Ziggis und eben am Abend die Gummizüge. Fotoapparat und Ziggis rausnehmen, Gummi rein und Deckel sanft ins Schloss drücken. Alles geht schon fast routiniert. Nun noch die Schlüssel abziehen und wir können ins Hotel gehen. Schlüssel abziehen! Schlüssel? Wo ist mein Schlüssel? Der sollte eigentlich seitlich am Motorrad stecken. Da wo man entweder den Stauraum oder den hinteren Sitz (versteckter Ort für den Benzintank) entriegeln kann. Nun aber ist der Schlüssel nicht an seinem Ort. Griff in die Hosentaschen und Jackentaschen. Oh Mann, warum muss mein Anzug so viele Taschen haben? Der Schlüssel aber ist in keiner der Taschen. Mit grösster Wahrscheinlichkeit habe ich den Schlüssel mit den Gummizügen und den warmen Handschuhe in den Stauraum gelegt und nun eingeschlossen. Audbrechen kann ich das Ding nicht ohne einen grösseren Schaden anzurichten. Viele Möglichkeiten bleiben nicht um wieder an den Schlüssel zu kommen. Hmm, Dominique könnte am nächsten Tag nach Selzach fahren und bei Moto Babst den Ersatzschlüssel holen. Oder ich könnte den TCS anrufen? Oder Bike auf auf einen Transporter verladen? Oder, was sonst noch? Oder einfach Glück haben. Ich bin doch nicht blöd und schliesse den einzigen Schlüssel ein. Bin ich nicht? Nein, ich bin einfach ein Glückspilz. Der Schlüssel ist mir zu Boden gefallen ohne dass ich dies gehört habe. Die Kawasaki macht ja auch immer einen Höllenlärm, sogar im Stilstand. Leicht belämmert lächelnd hebe ich den Schlüssel auf und nun können wir doch tatsächlich endlich ins Hotel gehen.
Nachdem wir uns erfrischt haben erkunden wir Andermatt zu fuss. Wir finden die Skulptur des Faun (nicht jugendfrei) und jede Mende Restaurants. Kleiner Tipp an den Preisüberwacher. Die Preise in den Restaurants sind praktisch überall identisch. Sieht verdächtig nach Preisabsprache aus. Da wir überall in etwa die gleichen Preise finden spielt es gar keine Rolle wo wir essen. So berücksichtigen wir das Restaurant im Hotel. Dominique entscheidet sich für ein kleines Cordon Bleu (400 g) und ich nehme ein etwas kleineres Menu, da ich ja auf meine Linie achten muss. Wienerschnitzel (2 Stück, 300 g) mit Gemüse und Pommes. Eigentlich will ich nur ein Plätzli essen und das zweite für den nächsten Tag aufheben. Die Dinger sind aber so gut! Auf einen Dessert verzichten wir, runden das Menu aber noch mit einem Kaffee ab.
Forcola di Livigno
Blick zurück Richtung Livigno Passhöhe und Grenze Italien - Schweiz
Forcola di Livigno (2315 m ü. M)
Kawasaki von Dominique
Berninapass
Berninapass (2'328 m ü. M. ) Berninamassiv Ready to go
Castasegna und San Giacomo Filippo
Pause in Castasegna Spitze der Autokolonne in San Giacomo Filippo Warten vor der Strassensperre
Splügenpass
Splügenpass (2'115 m ü. M. )Richtung Italien Die ersten auf dem Parkplatz Splügenpass Richtung Schweiz
San Bernardino
San Berardinopass (2'065 m ü. M.) Frisch gestärkt mit Schinkensandwich Dominique und Rolf auf 2066 müM
Abstecher nach Deggio und Altanca
Vor Deggio (Bilder von Google Map) Druckleitung quer über die Strasse Schmale Strasse durch Altanca
Gotthardpass
Schneeschmelze auf Gotthardpass Leere Bänke beim Gasthof Albergo San Gottardo (2'108 m ü. M.)
Andermatt
Dorfkern von Andermatt Faun - der Hirtengott Hotel Aurora, Andermatt
Route von Livigno nach San Giacomo Filippo
Route San Giacomo Filippo nach Andermatt
Abstecher in luftige Höhen bei Quinto
Zurück Inhalt Weiter